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von Pfarrer Gottfried Spieth

Das Städtli erlebte am Dienstagabend gleich zwei Jugend­gottes­dienste. Zunächst gross geplant, wurden sie unter Corona-Bedingungen in viel bescheidenerem Umfang verwirklicht. Dennoch zogen sie eine ganze Reihe von Interessenten an. 50 Personen waren für jede der beiden Veranstaltungen um 19.oo (5. bis 7. Klasse) und 20.oo (8. und 9. Klasse) zugelassen. Die jungen Besucher kamen aus den Kirchgemeinden Diessenhofen, Schlatt und Basadingen-Schlattingen-Willisdorf in die Stadtkirche.

Drei kluge Köpfe

Auf dem Vorplatz waren – wie im Vorjahr – ein lebendiges Kamel zum Aufsitzen sowie echte Esel und Schafe in einem aufgebauten Holzstall vorgesehen. Diese Attraktion muss auf die Adventszeit 2021 verschoben werden, kündigten die beiden Moderatoren an, die sachkundig durchs abendliche Programm führten.

Thematisch ging es um drei kluge Männer von fürstlichem Rang, die – wie Dan Schmid, der Leiter der Band, ausführte – aus dem Zweistromland kamen und 1200 km auf einem mühseligen Karawanenzug zurücklegten. „Sie wollten in Bethlehem den neugeborenen König des Friedens besuchen“, so Dan. „Sie liessen es sich ordentlich etwas kosten, dieses Anliegen zu verwirklichen, denn sie wussten: Darauf kommt es an – und auf nichts anderes.“

Vorrang des Friedens

Schauspieler aus der 7. bis 9. Klasse führten humorvoll die Geschichte der lobpreisenden Engel, Hirten auf dem Felde und Weisen aus dem Morgenland vor Augen, umrahmt von Lichtern, Sternen und Kerzen, vom Dekorationsteam geschmackvoll im Kirchenraum ausgebreitet. Im Mittelpunkt des Theaters stand die Kernbotschaft des Engels: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.“

Mit viel Schwung trugen zwei Solistinnen altvertraute wie zeitgemässe Weisen vor, darunter „Engel bringen frohe Kunde“ und „O du fröhliche“. Schlagzeug, Bassgitarre, Klavier und E-Gitarre lieferten die passende Begleitung. Die Mischung aus verschiedenen Stilrichtungen traf gefühlsmässig die vorweihnachtliche Erwartung der jungen Gemeinde. Ein fröhlicher, rhythmisch bewegter Akzent wurde gesetzt. Der Abend verlief in einer angenehmen Leichtigkeit des Daseins und formte einen Kontrast zu der verhaltenen Stimmung, die sonst derzeit herrscht.

Prediger des Abends war Dan Schmid in Vertretung seiner Frau, der erkrankten Religionslehrerin Karin Schmid. Ohne viel Umschweife kam er auf Christus zu sprechen. Er redete die jungen Leute persönlich an und trat in einen Dialog mit ihnen ein. Er bot ihnen jenen Frieden an, der von Jesus stammt. „Gerade dann, wenn wir meinen, cool und lässig daher zu kommen, geraten wir aus dem Gleichgewicht. Unsere Lebensängste schreien förmlich nach der Person, die das Chaos in Frieden wandeln kann.“

Ruhe im Sturm

Schmid forderte die Zuhörer heraus, nachzuden­ken über ihre Lage: „Wollt ihr Ordnung oder Chaos, Frieden oder Streit? Hast du diesen Gegensatz erlebt, oder ist dir das alles gleichgültig?“ fragte er. Als Beispiel für Chaos erwähnte er Hurricans, die in den USA oft eine Schneise der Verwüstung anrichten und Autos und Hausdächer in die Luft schleudern. Über den Wolken aber sehe das „Auge des Sturms“ fast friedlich aus. Dieser Blickwechsel sei enorm wichtig, betonte der Redner. Er bat die Hörer, sich gedanklich in die obere Position zu versetzen: „Dann kannst du die Dinge ruhiger angehen.“

Unsere seltsame Zeit voll ungewohnter Einschränkungen sei erfüllt von Sehnsucht nach Frieden, der aber erkämpft sein will, betonte Schmid unter Berufung auf einen Mann, der noch stärkere Krisen besiegen musste als wir, um Frieden zu erringen. „Das war König David, der tausend Jahre vor Jesus lebte. Er kämpfte mit Löwen und Bären und dem Riesen Goliath. Im Namen Gottes erzielte er Frieden und Gerechtigkeit.“ Zum Schluss bat Dan Schmid seine jungen Hörer, mit ihm das Friedensgebet des Franz von Assisi zu beten: „Herr, mache mich zu einem Werkzeug deines Friedens …“

Jael Mascherin, Präsidentin der reformierten Kirchgemeinde Diessenhofen, organisierte sodann den geordneten Auszug aus der Kirche. Beschenkt mit einem kleinen Präsent, verliessen die Schüler klassenweise den Kirchenraum. Sie hielten sich nicht auf dem Vorhof auf, sondern gingen ruhig nach Hause. Vertraute Lieder, Bibelworte und Bilder prägten diesen Abend, achtsam dargeboten in Einstimmung auf eine schwierige und doch mach­bare Zeit, die vor uns liegt. Mit dem gemeinschaftlichen Gefühl des Vertrauens darauf, dass Jesus mit seinem Frieden mitten unter uns ist, endeten diese beiden denkwürdigen Jugendgottesdienste.

Weihnachten zum Anfassen

Zwei quicklebendige Kamele mit orientalischen Hirten und vier quietschvergnügte Esel, dazu ein Stall in echter Grösse, der Maria, Josef und das Kind beherbergt – das war es, was knapp 200 Besucher auf dem Vorplatz der Stadtkirche begeisterte. Sie kamen am Dienstag abend zu einem Jugendgottesdienst, der womöglich in die Diessenhofer Geschichtsbücher eingehen wird.

Während auf dem Vorplatz diese urige Weihnachtsstimmung herrschte, kräftig unterstützt durch Kürbissuppe, Punsch und andere Köstlich¬keiten, ging es drinnen im Kirchen¬raum feierlich und schwungvoll zu. Die Band spielte eine Mischung aus friedlichen und rhythmisch bewegten Liedern. Schülerinnen der siebten Klasse gestalteten einen mitreissenden Ballett-Tanz zu dem spanisch-englischen Schlager „Feliz Navidad – I wanna wish you a merry Christmas – glückliche Weihnachten wünsche ich euch vom Grund meines Herzens“.

Von der Jungfrau geboren

Und dann führte die Theatergruppe ihr geniales Stück auf: Wie Maria, Josef, Engel, Hirten und Könige einander mithilfe von WhatsApp, Smartphone und Selfies die grossen Taten Gottes mitteilen, die sie gerade in Echtzeit erleben. Zwar geraten die beiden Darsteller von Maria und Josef in ungläubiges Staunen, als der Engel mit knappen Worten voraussagt, Maria werde demnächst schwanger, ohne dass Josef oder ein anderer Mann irgendeine Rolle dabei spielt. Josef zeigt sich darüber tief verunsichert, bis er merkt, dass Gott einen speziellen Plan verfolgt. Auf seinen Zweifel und auf die Zweifel mancher Gottesdienstbesucher aber folgte der Glaube. Der Glanz von Weihnachten wurde an diesem Abend übermächtig und schlug alle Beteiligten in seinen Bann.

Gott ist fair

Religionslehrerin Karin Schmid schilderte in ihrer Predigt sodann die Zutaten des Festes: Truthahn-Essen, modische Kleidung, mehr oder weniger kostspielige Geschenke. Das weitaus grösste und teuerste Geschenk aber liege in der Krippe, betonte sie. Es komme direkt vom Himmel und werde von einem direkten Mitarbeiter Gottes angekündigt, der Maria die Angst nimmt. „Und davon geht eine beruhigende Wirkung auf uns alle aus, selbst wenn wir durch schwierige Leute genervt sind, oder schockiert sind durch Mobbing und Unglücksfälle.“ Denn der neugeborene Jesus trage seinen zweiten Namen „Immanuel“ nicht umsonst. Dieser Name mit der Bedeutung „Gott mit uns“ sei Programm: Gott sei nicht irgendwo weit weg hinter dem Weltall verborgen, sondern habe seinen Sohn punktgenau auf unseren Planeten gebracht. damit wir Gott besser sehen, ja hautnah erleben. Jeder Mensch habe nun die Chance auf Glück.

Dazu erzählte Frau Schmid eine persönliche Erfahrung. Vor ungefähr 15 Jahren sei sie während der Weihnachtszeit in Amerika gewesen und in tieftrauriger Stimmung zur Kirche gegangen. „Dort sah ich genau dieselben besinnlichen Szenen wie am heutigen Abend rund um die Kirche“, führte sie aus. Im Innersten getröstet, habe sie gespürt: „Jesus kommt tatsächlich zu mir. Er hat ein offenes Ohr und ganz viel Zeit. Tiefen Frieden bringt er in jedes Herz und Haus. Sein ganzes Leben ist einfach nur fair zu uns allen.“

Kerzen für Jesus

Nach der Predigt waren alle Besucher eingeladen, aus Dank eine Kerze für Jesus anzuzünden. Lange Schlangen bildeten sich vor der Gruppe von Schülern, die diese Kerzen austeilten und beim Anzünden behilflich waren. Jeder entzündete seine Kerze an der Osterkerze und steckte sie anschliessend in den Sand, mit dem der Taufstein an diesem Abend angefüllt war.
In einer frohgemuten Stimmung und entspannten Atmosphäre klang dieser legendäre Abend aus. Die siebte, achte und neunte Klasse hatten das Ganze in wochenlanger Arbeit vorbereitet – jeder und jede mit der Begabung, die er oder sie hat. Der Funke der weihnachtlichen Begeisterung sprang über und entzündete in den Herzen der Menschen ein Freudenfeuer, das lange und nachhaltig brennen wird.

[Text: gs | Bilder: tl]

Impressionen

[Bilder: tl+ac]